Von Sommerhitze und Sonnenbräune.

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„Bitte, Frau Vro, bitte strick schneller!“, japst der Ernst des Lebens. Ihm ist heiß, er kommt fast um in seinen langen Sachen. Das Wetter hat so schnell von kalt auf heiß gewechselt, dass wir kaum nachkommen, uns die Kleider vom Leib zu reißen. Also stricke ich schneller. Heinzelfrau Rosalind und die Muse haben schon ihre luftigen Kleidchen an, der Schweinehund zeigt sich ganz ungeniert oben ohne, nur der Ernst steckt noch in langer Hose und Rollkragenpulli.

Natürlich feixt der Schweinehund, der Ernst solle doch endlich seine bleichen Haxen in die Sonne halten, damit er nicht aussehe wie ein Gespenst.

Kurze Zeit darauf kann der Ernst aufatmen, als ich ihn in Kurzarmshirt und rote Bermuda kleide. Er sitzt völlig fertig im Schatten unterm Quittenbaum und lässt sich das warme Mailüfterl durch die kurzen Haare wehen. Das haben die anderen noch nie gesehen, dass der Ernst des Lebens alle Etikette fahren lässt, nur weil ihm so heiß ist.

Der Schweinehund kann es indes trotzdem nicht lassen. Schützend legt er sich eine Pfote vor die Augen und tut gequält: „Ah, diese Blässe. Ich bin geblendet. Wie …“ Der Ernst hört gar nicht hin. Er kennt derlei Frotzeleien zur Genüge. Bevor er ein wenig Sonnenbräune bekommt, zeigen sich eher Trillionen Sommersprossen. Er seufzt. Rosalind tröstet ihn. Sie mag Sommersprossen. Das sind die Küsse der Sonne, sagt sie. Der Ernst solle die anderen reden lassen.

20170601_garten_014Denn auch die Muse ist vorbei getrippelt und hat ihn ausgelacht: „Na? Baywatch? David Hasselhoff wird aus dir aber auch keiner mehr.“ Dabei überspielt sie ja nur, dass ihr der Lebens-Ernst insgeheim sehr gut gefällt, auch wenn seine Schulterpartie ziemlich schmächtig ist. Das kommt vom ewigen Lesen und Kugelschreiberhalten. Vielleicht sollte er mal Ziegel schupfen oder Holz hacken. Am Besten mit nacktem Oberkörper. Dann erledigt sich das mit der Bräune auch gleich. So denkt sie, sagt aber nichts, sonst fühlt sich womöglich der Schweinehund bestätigt. Der hängt da nämlich am Gartensofa herum und geniert sich für gar nichts. Hält seine fette Kekswampe in die Luft, kratzt sich zufrieden am Popo und bröselt schon wieder alles voll mit seinen depperten Keksen. Die Muse wendet sich angewidert ab. Hach, denkt sie, der eine ist ein Schüchti, der andere ein Ungustl. Der einzig galante und kultivierte Mann, der Frosch Misi, ist weit weg …

20170601_garten_010Während die vier träge die Nachmittagsruhe im Garten genießen und dabei mein Gartensofa belagern, bleibt mir nur der Platz auf der Terrasse. Wo ich an diesem Tag mein Bügelbrett aufgebaut habe und die Wäsche erledige. Es ist ein viel zu herrlicher Tag, um drinnen zu bleiben. Sonnenbräune bekomme ich hier unterm Dach auch keine. Da geht es mir wie dem Ernst. Eher kommen die Sommersprossen hervor. Ich bin kein Sonnenanbeter. Ich sitze lieber im Schatten und genieße die Sonne nur indirekt. Da kann ich mir eine leichte Bräune zum Bikini aufzeichnen. So wird das nämlich nichts. Wenn ich dann die ersten Male mit den Kindern im Freibad bin, komme ich mir vor wie die sprichwörtliche Gegensonne. Und später dann wie der rote Sonnenuntergang. Ist alles nicht schön! Mit der Bikini-Figur geht es sich diesen Sommer auch nicht mehr aus. Es war mal wieder alles Andere wichtiger. Im Grunde ist mir das aber egal. Wem es nicht gefällt, der muss ja nicht hinschauen. Bis zum Herbst werde ich dann schon ein bisschen Farbe abbekommen. Das wäre ja gelacht. Beim Ernst meines Lebens hingegen sehe ich schwarz, sein Alter Ego wird so blass bleiben, wie ich ihn ursprünglich gestrickt habe. Außer ich lasse eine Horde Kinder mit ihm spielen. Aber aus einem schmuddeligen Ernst wird trotzdem noch kein sonnengebräunter Ernst!

Ich für meinen Teil war dann noch mit meinem jüngeren Kind im Freibad. Es kam wie vorhergesagt. Zuerst nur käsig weiß und danach ein bisschen rot. Weil mich diese Sonnencremerei so nervt. Und außerdem war es ja eh bewölkt und überhaupt und außerdem … Aus mir wird eben wirklich kein talentierter Sonnenanbeter. Begeisterter Freibad-Besucher übrigens auch nicht. Ich mag lieber auf die Wiese beim Stausee und da meine Nase in ein Buch stecken. Im Schatten der großen Birke. Mit der habe ich ja mittlerweile kein Problem mehr, weil die Birkenpollen-Allergie wieder verschwunden ist. Noch muss ich meinen Jüngeren ins Freibad begleiten, aber das wird nicht mehr allzu lange dauern, dann wird auch er flügge. Dann kann ich mich zum Stausee verkrümeln und dort faul sein. Vielleicht bleibe ich aber überhaupt gleich im Schatten meiner Obstbäume im Garten oder auf dem Gartensofa. Eine kultivierte noble Blässe ist ohnehin viel gesünder.

2 Gedanken zu “Von Sommerhitze und Sonnenbräune.

  1. Misi dankt für das Kompliment, trägt seine Nase ziemlich hoch und lässt alle grüßen! Baden im See oder im Meer ist im Sommer das schönste, was es für mich gibt. Vor zwei jahren konnte ich noch ins Freibad. Das war nicht so schön, aber besser als gar nichts. Heute ist das Freibad geschlossen und in unserem See ist das Baden im Sommer oft verboten. Es gibt nur noch ein Hallenbad. Aber bei 30 Grad verweigere ich mich und bleibe lieber im Garten. Ihr habt mehr Glück mit den Badegelegenheiten! Ich grüße Euch und wünsche einen schönen Sommer! Regine

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