Das wäre mal ein alternatives Weihnachten. Alle Erwartungen fahren lassen, sich der unliebsamen Gäste entledigen (zum Glück stellt sich die Frage bei mir im realen Leben erst gar nicht) und den Grill anheizen.
Bei Christiane gibt es wie jedes Jahr die Adventüden. Ich darf auch wieder dabei sein. Und es ist jedes Jahr wieder eine Überraschung, welche Geschichte ich da im Sommer geschrieben habe. Sicher könnte ich irgendwo in den Untiefen des Archivs danach suchen und mich selber spoilern. Nur das ist auch so irgendwie der Reiz daran, mich selbst überraschen zu lassen.
Wir waren eingeladen wie die Jahre zuvor. Der begüterte Zweig der Familie lud zum piekfeinen Weihnachtsessen. Lustig und fein? Nein, vielmehr eine Zurschaustellung von Reichtum und Dekadenz, was die werte Verwandtschaft an den Tag legte. Die Tante hatte einen reichen Mann geheiratet, niederer Adel zwar, aber immerhin Adel. Die gesamte Familie sollte zusammenkommen, die Schwestern der Tante, es waren ihrer insgesamt drei, deren Kinder (dazu zählte ich), Partner, Kindeskinder. Es wuselte nur so. Die adelige Familie saß wie üblich im heimeligen Prunksaal, der Rest im angrenzenden Speisesaal, immer noch prächtig, aber längst nicht so gemütlich. Ein Unterschied musste schließlich sein. Sie hatte eingeladen, aber all diese Mäuler zu stopfen bescherte ihrKopfzerbrechen, denn der reiche Onkel war längst nicht mehr so reich wie früher.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis irgendwer trockene Kekse herumreichte, das versprochene Festessen ließ auf sich warten. Keiner wusste, ob der unbezahlte Koch das Geschirrtuch hingeschmissen hatte oder…
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