Extraetüde 14/2020 – Muse und Co.

Immer dann, wenn es einen fünften Sonntag im Monat gibt, lädt Christiane zur Extraetüde.
Die Begriffe der vergangenen Wochen kommen von Corly und Elke H. Speidel.

Mein erste Idee drehte sich um eine gealterte Frau, die auf den Shut-down dieser Tage zurückblickt. Eine Dystopie, die im großen und ganzen gut ausgegangen ist, aber eben nicht nur. Aber eigentlich war mir das dann zu viel Realität und ich hätte mit Sicherheit eine Triggerwarnung gesetzt.

Von meinen vier Helden habe ich lange nicht mehr erzählt, sie kommen derzeit wirklich viel zu kurz. Auch sie sind von den Ausgangsbeschränkungen betroffen, aber sie sind ganz anders gestrickt als wir Menschen und ihnen kann das kleine fiese Stinke-Virus nichts anhaben. Eigentlich …

Der etwas abgewandelte Etüden-Disclaimer: 5 Begriffe in maximal 500 Wörtern

Extraetüden 14.20 | 365tageasatzaday

Der Lebens-Ernst  ist verzweifelt. Drei Wochen geht das jetzt schon so. Die Jungs sind daheim, Frau Vro ist auch meistens daheim. Immer ist das Haus rappelvoll und keine Ruhe. Ganz entgegen seiner Gewohnheiten greift er zum Schnaps. Der soll ja auch beim Desinfizieren helfen, hat er gehört. Und wenn das nicht wirkt, dann hilft er beim Vergessen.

Der Schweinehund ist jetzt nicht so begeistert. Erstens soll man daheim bleiben und sich auf absolut nötige Besorgungen beschränken. Zweitens ist Heinzelfrau Rosalind der Meinung, dass hochprozentiger Alkohol NICHT zu absolut nötigen Dingen gehört. Drittens vergreift sich der Lebens-Ernst jetzt auch noch an seinen Vorräten. Es ist ja nicht so, dass der Schweinhund nicht für die ein oder andere Sauferei zu haben wäre. Aber wenn er den Nachschub gefährdet sieht, dann wird er knausrig. Noch dazu, wo der Lebens-Ernst den Schnaps eh schon so schlecht verträgt. Nach dem zweiten Stamperl wird er melancholisch und klagt über das Ende der Zeiten und dass ihm schon ganz warm sei, er hätte sicher Fieber und vielleicht müsse er in Quarantäne. Heinzelfrau Rosalind lacht bitter auf, der Lebens-Ernst mache sich lächerlich, er könne das Virus gar nicht haben, so wie er gestrickt sei.

Sie zieht es dann vor, draußen im Garten spazieren zu gehen, sich an den fröhlich gelben Forsythien zu erfreuen und einfach mal ein paar Minuten alleine zu sein. Auch sie ist nicht gegen den Lagerkoller gefeit, aber sie hält es besser aus als der Lebens-Ernst, der generell immer ein bisschen hysterisch reagiert. Sie schlendert weiter, blickt hinauf zum strahlend blauen Himmel, an dem heute kein einziges Flugzeug zu sehen ist. Nur ein paar Bienen fliegen von Blüte zu Blüte. Von Hänsel zu Gretel und wieder zu Hänsel und wieder zu Gretel. So denkt Rosalind lachend, als sie das Lungenkraut mit seinen beiden Farben betrachtet, das man hier „Hänsel und Gretel“ nennt.

Später am Tag werden Heinzelfrau Rosalind und Muse Lila Grazia zusammen in der Bibliothek sitzen und sich den Sonnenuntergang ansehen, Schweinehund und Lebens-Ernst werden ihren Rausch ausschlafen. Und so vergeht ein Tag nach dem anderen. Beschaulich und träge. So träge, dass nicht einmal mehr die Muse ihren eigenen Gedanken folgen kann. Und wenn sie es nicht kann, wie soll Frau Vro dann hier den Blog ordentlich mit Geschichten füllen?

4 Gedanken zu “Extraetüde 14/2020 – Muse und Co.

  1. Ich frage mich, ob es nicht auch Vorteile hätte, wenn wir uns später an die Corona-Zeit als an eine Zeit erinnern würden, wo es möglich war, sich mal so richtig zu entspannen – weil es einfach nichts anderes mehr zu tun gab …? 😉
    Liebe Grüße
    Christiane, traumverloren, oder so 😁

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  2. Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 15.16.20 | Wortspende von Ludwig Zeidler | Irgendwas ist immer

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