Eine wandelnde Buchseite nennt er mich.

Keinen Respekt hat der beste Kollege vor meinen literarischen Ambitionen. Jedenfalls verstehe ich das so, wenn er darüber seine halb verhaltenen Witze macht. Ich bin in einer sehr großzügigen Laune. Verzeihe beinahe alles. Auch wenn er seinen Bonus, den er unerklärlicherweise bei mir hat, manchmal schon arg strapaziert. Offensichtlich hat das Wochenende im Dienst der schönen Künste seine volle Wirkung getan und mich von einem bedenklich ungesunden Stresslevel auf ein sehr viel erträglicheres heruntergebracht.

Natürlich könnte ich auch behaupten, was der Mensch nicht verstehen kann, da neigt er dazu, es schlecht oder zumindest klein zu reden. Vor dem Unbekannten fürchten sich die meisten und was weiß man schon, was dieser Frau mit der spitzen Feder wieder einfällt. Manch einer kann mit Dingen nun einmal nichts anfangen, die er nicht versteht. Das zumindest ist nachvollziehbar und das trage ich keinem nach.

Wie ich nur so viel schreiben könne! Fragt der beste Kollege vom besten Kollegen und unterbricht meinen bereits in Gang gesetzten Denkfluss. Ich ziehe lediglich die Augenbrauen hoch und zucke mit den Schultern. Denke so im Stillen bei mir, dass ich immer schon ein Vielschreiber war. Von der Vielschreiberei drängt sich mir unvermittelt die Vielweiberei auf, was nicht in direktem Zusammenhang mit dem Schreiben und auch nicht in Bezug auf die beiden Kollegen steht. Auch wenn sie nicht ganz unschuldig an der Assoziation sind.

Wörter sammle ich immer irgendwie …

Ich werfe kryptisch ein, je mehr ich schreibe, umso weniger müsste ich danach reden. Das nimmt den misstrauischen Nicht-Schreibern mir gegenüber kurz den Wind aus den Segeln. Was wie ein etwas hochnäsiger Scherz klingt, trifft die Wahrheit erschreckend genau. Denn oft kreisen meine Gedanken derart schnell und intensiv um ein Thema oder auch nur ein Wort, dass einem ganz schwindlig werden könnte. Das mute ich nur euch hier im Blog zu. Lest es oder lest es nicht! Es ist eure Entscheidung.

Dass die von mir geschätzten Kollegen hier hereinlesen, die Gefahr ist gering, dass sie hier kommentieren noch geringer und dass sie mich drauf ansprechen, sollten sie sich doch einmal hierher verirrt haben, ist schon fast ein Ding der Unmöglichkeit. Mit dem Schreiben hätten sie es nicht so wirklich, mit dem Lesen auch nicht. Bei derartigen Prämissen schwinden Wahrscheinlichkeiten.

Jetzt nennt mich der Beste also eine wandelnde Buchseite. Von Büchern spricht er mir und gesteht mir doch nur eine einzige Seite zu. Immer gleich soll es ein Buch sein. Ein Buch! Wenn ich viele kleine hübsche Steine sammeln kann, was brauche ich mich da nach dem großen fetten Granitbrocken strecken? Wenn ich Bücher und Geschichten jetzt mit den allgegenwärtigen Waldviertler Steinen vergleichen will.

Die wandelnde Buchseite ist immer noch nur ein Stapel loser Geschichtenseiten, wer weiß, ob ich mich je als Buchautorin bezeichnen kann. Bisweilen habe ich den Eindruck, dass kollegenseitig zumindest ein gewisses Grundinteresse da wäre. Was ich mir natürlich auch einbilden kann! Aber man müsste wohl nachfragen und das ist ja uncool oder was auch immer. Nachfragen wirkt dem Nicht-Verstehen üblicherweise entgegen, scheint aber eines der schwierigsten Dinge zu sein. Und so umschleichen wir uns mit Mutmaßungen und Annahmen, was wer wie denken könnte. Ich für meinen Teil habe wieder einen Schreibimpuls. Man stelle sich vor, 537 Wörter nur deshalb, weil einer mich eine wandelnde Buchseite nennt …

4 Gedanken zu “Eine wandelnde Buchseite nennt er mich.

  1. Das erinnert mich an eine Schreibwerkstatt, die damit begann, sich zu überlegen was eine Person aus dem persönlichen Umfeld wohl glauben könnte, was ich auf dieser Schreibwerkstatt wohl mache. Es hat auf jeden fall viel Spaß gemacht zu hören, welche weltfremden Motive die Teilnehmerinnen und Teilnehmer glaubten im jeweilgen Umfeld unterstellt zu bekommen. Für uns Schreiberlinge hatte es auch etwas Verbindendes.

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