abc-Etüde 20/18.

Pünktlich wie immer erfolgt die Schreibeinladung von Christiane. Diesmal flattert uns eine Wortspende von Christa Hartwig (christahartwig.wordpress.com) ins Haus. Und wie immer stammen die Illustrationen von lz., vielen Dank dafür!

Auch die Regeln ändern sich nicht: Die drei Wörter in maximal zehn Sätzen in eine Geschichte einbauen. In der Kürze liegt die Würze. Auch wenn ich diesmal doch ein paar Schachtelsätze konstruieren musste …

2018_20_1_eins lz | 365tageasatzaday

Es war einer dieser Tage, wo Gott und die Welt zum Einkaufen unterwegs waren und alle hysterisch die Geschäfte stürmten, gerade so als ob es kein Morgen mehr gäbe.
Ein langes Wochenende stand an, die Wettervorhersage war fein, viele würden grillen wollen und mussten sich mit dem Nötigsten dafür eindecken.
Dass das Nötigste mengenmässig der Verpflegung für eine mindestens 30köpfige Großfamilie entsprach, wo gerade mal eine Handvoll Gäste kommen würden, war eine andere Geschichte; doch Gastgeber hier wie dort wollten sich keine Blösse geben und es ganz sicher nicht darauf ankommen lassen, dass auch nur irgendetwas vorzeitig zur Neige gehen könnte.
Zielstrebig peilten perfekt konditionierte Konsumenten das hiesige Einkaufszentrum an, um dort modischen Tand und wahrscheinlich völlig unnötigen Glitter zu erstehen.
Sie selbst war aus ganz praktischen Gründen unterwegs, hatte rasch Milch und Brot eingekauft, dann das eine Kind aus der Musikschule abgeholt, das andere Kind saß auf dem Beifahrersitz, hatte das Fenster hinuntergedreht und das Radio laut aufgedreht, denn schließlich sollten alle den tollen Sound hören, auch wenn es dem im Fond sitzenden älteren Kind noch so peinlich war.
Die Stimmung im Auto jedenfalls war um ein Vielfaches besser als auf den Zufahrtsstraßen rundum, die zu den Einkaufszentren führten.
So war es eigentlich nur eine logische Konsequenz, dass sie ganz entspannt zu jenem Kreisverkehr fuhr, wo es sich immer schrecklich staute und die Wagen aus den Seitengassen kaum eine Möglichkeit zum Fahren bekamen.
Gerade wieder stand da ein PKW, drin eine Familie, hinten quengelnd die Kinder, am Beifahrersitz eine gequält blickende Frau, hinter dem Lenkrad der offensichtlich am Ende seiner Geduld wild gestikulierende Mann mit wildem Blick.
Und so war es auch diesmal eigentlich nur logisch, dass sie ihm in ihrer umwerfend guten Laune eine formvollendete Kusshand durch das offene Fenster zuwarf, obwohl sie ihn weder kannte noch besonders gutaussehend fand, die dem cholerischen Mann noch mehr die Röte ins Gesicht trieb und die Frau neben ihm völlig verwirrt und irritiert innehalten ließ.
Beiden gemeinsam war die herunterhängende Kinnlade und völlige Verständnislosigkeit ob des gerade Erlebten, während sie und die Kinder fröhlich auflachten und nach Hause fuhren, weg von diesem kollektiven Wahnsinn.

 

5 Gedanken zu “abc-Etüde 20/18.

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