Ich räume schon den ganzen Vormittag um, mache Platz im Wohnzimmer, schaffe Nischen für ungestörtes Schreiben, stelle Teehäferl bereit und Kekse. Ach nein, die Kekse sind noch gut versteckt, damit sie mir nicht der Schweinhund frühzeitig wegfrisst.
Heinzelfrau Rosalind ist gerade erst von ihrem Ausflug zu Misi zurück und war bis vor fünf Minuten total entspannt. Vor fünf Minuten habe ich ihr mitgeteilt, was uns die nächsten Tage blüht. Der Reisefrosch Misi, der sie begleitet hat und sich kurzfristig bei uns einquartiert, hat sich bei dem Chaos lieber zum Schweinehund gesellt. Der Lebens-Ernst ist unauffindbar, er wird sich wohl vorbereiten. Vorher huschte er kurz vorbei und war womöglich noch blasser als sonst. Der Schweinehund schließlich müht sich mit dem Smoking, weil der um den Bauch so spannt. Er schaut absolut lachhaft aus, aber die Muse bildet sich das ein. Im Moment sitzt er breit auf seiner Couch, die Smokingjacke offen, die Hose zerknittert, und spielt mit Misi Karten. Dabei erzählt der Schweinehund dem Frosch, was hier über uns hereinbricht. Die Muse und was sie sich so einbildet sind ihm gerade ziemlich egal, er muss jetzt Misi begrüßen.
Muse Lila Grazia von und zu Größenwahn hat die Mädels vom Musen-Ausbildungslehrgang eingeladen. Und es mir DANACH mitgeteilt. Kurzfristig mitgeteilt, möchte ich betonen. Ich bin überrumpelt. Aber sie hat mir versichert, dass sie ganz lieb sind und völlig unkompliziert und nach drei Tagen wieder weg. Drei Tage also. Dafür wird sie lange, lange, lange für mich arbeiten müssen. Und zwar ohne Sonderkonditionen.
Meiner Muse schwebt vor, dass sie ihr Haus (tja, eigentlich ist es meines, wenn man genau sein will) für ihre Kolleginnen öffnet. Diese Idee kam ihr letztens beim Jahrgangstreffen. Angeblich hätten einige der anderen Bedenken gehabt, aber meine Muse meinte, wenn sie mich vor vollendete Tatsachen stellte, dann müsste ich zähneknirschend mitspielen. Womit sie recht hat. Ich knirsche mit den Zähnen.
Am frühen Nachmittag trudeln sie der Reihe nach ein, am Abend wollen sie gemeinsam essen (Oh Rosalind, bitte hülf!), danach folgt ein kurzes Brainstorming und Vorstellen, gefolgt von lockerem Ausklingen in den Abend hinein. Am nächsten Tag will sie gemeinsam mit dem Lebens-Ernst Vorträge zu den Themen Psychohygiene und Überforderungs-Prävention halten, jedenfalls hat sie dem Ernst schon gesagt, was er zu tun hat. Dazwischen soll es Kaffee und Kuchen geben bzw. Getränke und Snacks. Oh Rosalind, bitte hülf! Natürlich bietet die Muse auch ein dreigängiges Mittagsmenü an.
Ich will gerade wieder nach Rosalind rufen, aber die winkt ab. Rosalind hülft nicht mehr! Sie hat genug! Die Muse zuckt kurz mit den Schultern und fährt fort, mir ihr Programm vorzutragen. Dann müsste ich das eben alleine machen. Ich würde das schon schaffen. Das Nachmittagsprogramm soll eher von der praktischen Art sein. Sie würden Workshops machen, die Themen stünden noch nicht fest. Aber auf jeden Fall etwas mit kreativem Schreiben und Fabulieren. Außerdem kündigt die Muse an, der Schweinehund solle sich in den Smoking werfen und Tee und Kekse servieren.
Ich kichere und bin leicht überfordert. Was das Servieren der Kekse anbelangt, könne sie ebensogut den Bock zum Gärtner machen, werfe ich ein. Der Schweinehund war sehr begeistert, funkelt mich jetzt aber böse an, weil er sich ertappt sieht. Die Muse bekommt überhaupt nichts mit, weil sie gedanklich schon beim Abendessen für alle ist und beim Abendprogramm, wo sie mich als Taxidienst einteilt. Die komplette Gesellschaft will zum Relaxen in Sauna und Hallenbad. Am dritten Tag schließlich sei noch Frühstück geplant, danach eine lockere Gesprächsrunde mit Zusammenfassung und eventuell Planung eines nächsten Treffens. Danach Abreise. Mittagessen gäbe es keines mehr.
Ich frage leise und hoffnungsvoll nach Heinzelfrau Rosalind, aber die tippt sich entgeistert an die Stirn. Die Muse spinnt ja. Trotzdem wird sie mir helfen. Niemals würde sie mich hängen lassen. Was den Größenwahn meiner Muse betrifft: Ich überlege, ob ich sie nicht doch zu Weihnachten weiter schenke …
Übrigens sind das die vier Strickpuppen für meine Nichten zu Weihnachten. Die sind nämlich jetzt fertig. Meine Muse – die wahrscheinlich doch nicht weitergeschenkt wird – trägt wieder mal ihren Lorbeerkranz, aber den nehme ich ihr dann gleich ab, weil sie unter dessen Einfluss total überschnappt. Macht mir da aus meinem ruhigen Wohnhaus ein Seminarhotel und spannt die ganze Familie zum Arbeiten ein! Der Lebens-Ernst ist traumatisiert, der Schweinehund hat nur noch Herzerl in den Augen bei soviel Weiblichkeit. Und Rosalind will für lange Zeit nicht mehr in die Küche.
Misi fühlt sich ein wenig vergessen. Das war ja alles gar nicht so geplant. Um ihn kümmere ich mich dann auch gleich. Ich finde es sehr weise, dass er sich beim Schweinehund verkriecht. Der Muse ist es zuzutrauen, dass sie ihn auch noch einspannt.
Na, Prosit Mahlzeit und Heiliger Pustekuchen! Jetzt hat dieser Muser, der sich seit einigen Monaten bei mir eingenistet hat, doch tatsächlich deinen Text gelesen, und das hat ihn leider auf GANZ dumme Ideen gebracht. Er will nämlich hier ein Internationales Musen- und Muserseminar organisieren, hier in meiner Zwei-Zimmer-Wohnung, viertägigen, mit Vollpension, und er hat es so eilig, dass er schon meinen Beamer entstaubt (eigenhändig!) und mich im Befehlston anweist, die Projektionsleinwand aus dem Keller zu kramen. Die kreativste seiner Ideen ist, dass die Damen und Herren Musen und Muser samt und sonders ihre kleinen Kinder mitbringen dürfen, ich könne sie ja dann im Spielzimmer (das eigentlich mal mein Wohnzimmer war) betreuen. Das lasse super, meine Enkel würden sicher begeistert sein. Womit der Muser sogar richtig liegen dürfte. „Wie war’s in Köln doch vordem mit Heinzelmännchen so bequem!“ VORDEM, du siehst den Punkt? Hier in Köln GIBT es KEINE Heinzelmännchen mehr, und Heinzefrauen gab es noch nie. Na, Servus, jetzt hast du mir aber was Tolles eingebrockt!
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Tja, man weiß nie, was einem im Internet so unterkommt … ;-)
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Sorry wegen der Fehler. Daran ist diesmal nicht die Autokorrektur meines Handys schuld, sondern der Muser handelt, der mich dauernd am Arm zupft, um mir aufgeregt immer noch eine abstrusere Idee vorzutragen. 😁😂🤣
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😂
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Hat dies auf Regenbogen und Freudentränen rebloggt und kommentierte:
Misi ist unterwegs. Heute hatte ich Zeit, mich nach ihm zu erkundigen. Es geht ihm gut und Frau Vor hat furchtbar viel zu tun…..
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Ich grüße Euch alle aus dem kalten Wendland und wünsche der Muse und den Mädels viel Spaß. Oder ist es schon vorbei? Na gut, in dem Fall: ich wünsche viel Spaß gehabt zu haben.
Übrigens bin ich gleich auf dem Weg zu unserem Mehrgenerationenhaus. Dort will ich eine Schreibwerkstatt ins Leben rufen. Ich denke, wir werden uns hier auf diesem Blog so einige Inspirationen abholen. Wenn die Muse damit einverstanden ist.
Misi, geht es Dir gut? Xaver fragt schon, ob er auch mal im Internet was schreiben darf, jetzt, wo Du nicht da bist, sieht er eine Chance für sich.
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Eine Schreibwerkstatt ist toll, sagt meine Muse. Lasst euch ruhig inspirieren!
Misi geht es gut. Ihn beunruhigt, dass Xaver seinen Wirkungsbereich ausweiten will. Spätestens morgen ist er wieder daheim. ;-)
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Xaver sagt, das ist blöd. Er weiß nicht, ob er es heute noch schafft, sich mit dem Internet schlau zu machen. Aber er wünscht Misi eine gute Reise!
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Vielleicht schreiben die zwei ja irgendwann gemeinsam. Wer weiß …
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