
„Nein, Frau Vro, dieses Chaos hier fotografierst du nicht!“
Rosalind ist am Packen. Sie wird bald verreisen. Ganz aufgeregt ist sie, weil sie von Misi dem Frosch und seiner Frau Holle eingeladen worden ist.
Überall liegen Sachen herum und sie kann sich gar nicht entscheiden. „Frau Vro, bitte hilf mir! Ich weiß nicht, was ich anziehen soll. Ist es dort kalt oder warm?“
Wir entscheiden uns für ein paar wenige praktische Sachen zum Kombinieren, damit der Koffer nicht so schwer wird.
Das Kofferpacken gestaltet sich etwas schwierig, weil uns meine Muse dauernd im Weg herumsteht. Sie ist beleidigt, weil Misi nur Rosalind eingeladen hat und sie nicht.
„Warum darf sie zu ihm und ich nicht?“, will sie aufgebracht wissen.
„Weil die beiden befreundet sind!“
„Das sind wir auch!“
„Eine Freundschaft, meine liebe Muse, will gepflegt sein. Sonst funktioniert das nicht.“
„Was willst du damit sagen?“ Die Muse redet sich in Rage. Auch mir reißt langsam der Geduldsfaden. Er zwirbelt sich Strang um Strang immer mehr auf.
„Rosalind kümmert sich um Misi. Misi kümmert sich um Rosalind. Das nennt sich Freundschaft.“
„Ha! Wenn sich Misi mehr um mich kümmerte, dann würde ich das ebenfalls tun.“
Ach du liebe Güte, hat das denn nie ein Ende!
„Oft kannst du lange warten, dass jemand sich kümmert. Man darf auch ruhig mal den ersten Schritt machen. Rosalind und Misi sind befreundet, seit er zum ersten Mal hier war. Er ist damals abgereist und Rosalind hat ihn daraufhin nicht komplett vergessen wie jemand anderer hier im Haus, weil der liebestolle Schweinehund und der flirtende Lebens-Ernst um sie herumscharwenzelt sind.“
„Was willst du damit sagen? Dass ich flatterhaft und oberflächlich bin?“, schrill und schriller wird ihre Stimme und sie funkelt mich angriffslustig mit ihren grünen Augen an. Ich funkle zurück.
„Ich will sagen, dass du dich nicht sonderlich um ihn bemüht hast, sobald er wieder weg war. Nur ein wenig Romeo und Julia herum theatern ist zu wenig. Das bleibt als Urlaubsflirt in Erinnerung und damit hat es sich.“
Rosalind ist daneben immer kleiner geworden. Ihr ist diese Diskussion total unangenehm. Außerdem will sie nicht, dass ich darüber schreibe. Was, wenn Misi das liest? Dann ist die ganze Reise verdorben. Misi hat womöglich ein schlechtes Gewissen, die Muse kreischt herum und sie Rosalind, muss sie dann am Ende auch noch mitnehmen. Dabei freut sie sich wirklich schon auf ein paar Tage ohne den Affenzirkus im Schlepptau. Aber das hat sie jetzt nur ganz leise gedacht. Das würde sie so nie aussprechen.
Misi wird das nicht lesen, sage ich ihr. Er hat genug damit zu tun, das Haus zu putzen. Weil er sich nichts Schlechtes nachsagen lassen will. Frau Holle scheint zwar der Meinung zu sein, dass er es übertreibt. Aber sie lässt sich da nicht mitreißen. Was ein guter Plan ist.
Meine Muse macht jetzt auf zickig. „Ts, ich habe genug Männer, da brauche ich keinen Frosch, der sich dann nicht um mich kümmert.“
Der Schweinehund schlurft um die Ecke und grinst der Muse breit ins Gesicht. „Na, kannst wohl nicht jeden so herumkommandieren wie den Lebens-Ernst und mich?“ Dann gibt er der Muse einen Klaps auf den Hintern und küsst sie schnell auf den Mund. Sie fährt ihn entrüstet an: „Dass du es wagst …“ Dabei wischt sie sich mit der Hand über das Gesicht, weil das ein wirklich dicker nasser Hundeschmatz war. Aber der Schweinehund setzt sein breitestes Lächeln auf, nimmt sie an der Hand und zieht sie davon: „Komm, meine liebste Muse, wir trinken jetzt ein Bier. Das beruhigt deine angespannten Nerven. Ich wette, dass du den Lebens-Ernst locker unter den Tisch säufst. Misi und Rosalind lässt du in Ruhe. Die beiden sind Freunde und da drängelst du dich einmal nicht dazwischen.“
Meine Muse ist sprachlos und trottet ganz perplex hinter dem Schweinehund her. Was er ihr da gerade gesagt hat, das war wie Zuckerbrot und Peitsche in einem. Der streckt im Vorbeigehen hinter seinem Rücken den Daumen hoch und Rosalind schickt ihm erleichtert ein Luftküsschen nach. Und dann ist es auch schon Zeit, dass sie die letzten Dinge zusammen packt und ich sie zum Bus bringe.
Da hetzt uns im letzten Moment noch die Muse nach. Sie fällt Rosalind um den Hals, wünscht ihr atemlos eine gute Reise und drückt ihr ein Päckchen mit Traubenzuckerherzen in die Hand. „Grüß mir Misi ganz herzlich! Er soll uns wieder einmal besuchen. Und dann bin ich viel freundlicher. Versprochen!“, ruft sie noch, als sie schon wieder davoneilt. Sie muss ja jetzt schließlich noch mit dem Lebens-Ernst und dem Schweinehund ein paar Bier trinken. Ach, was wird der Ernst morgen Kopfweh haben …
Hallo liebe Muse, Misi lässt Dich ganz herzlich grüßen und es tut ihm leid. Er dachte, dass Du Dich nie von Frau Vro trennen würdest. Nun ist Rosalind ohne Dich weggefahren. Aber das nächste Mal kommst Du mit und alle anderen dürfen auch. Vielleicht macht Ihr eines Tages einen Betriebsausflug in das Wendland? Oder fühlt sich Frau Vro dann ganz allein und verlassen? Dann nehmt sie einfach auch mit. Oh, es klingelt. Ich glaube, Rosalind ist schon angekommen! Liebe Grüße an alle! Eure Frau Holle
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Immer diese Missverständnisse. Meine Muse hat keine Trennungsängste und ich habe sie auch nicht. Überhaupt bin ich heute den ganzen Tag unterwegs. Aber das Fräulein Muse muss sich heute erholen, sie hat gestern den Lebens-Ernst unter den Tisch gesoffen, was dann doch nicht ganz so einfach wie zuerst gedacht war. Jedenfalls sind sie heute alle leidend und es ist sehr ruhig im Haus.
Ich muss auch schon wieder weiter … ich gehe jetzt zum Klassentreffen und lasse die Männer allein zuhaus. ;-)
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Herrlich wieder mal, die Geschichte mit meinen Lieblingshelden und -heldinnen! Danke dafür!
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:-) :-) :-)
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