Handys und sonstige Ärgernisse.

Ferien. Nicht die Osterferien wie sie gerade waren. Sondern schon früher. Es geschah in den Semesterferien …
Der Ernst des Lebens schäumt vor Wut. Der Schweinehund ist ebenfalls sauer. Wir machen drei Tage Thermenurlaub. Gefühlt alle anderen sind Schifahren, wir nicht. Selbst die Therme ist ungewöhnlich leer. Wenig los. Wir sitzen im Tropengarten einer großen Therme. „Tropengarten“ erscheint mir etwas weit hergeholt angesichts der paar Grünpflanzen. So heißt der Ruheraum, in dem wir unseren Platz gefunden haben. Aber das Kind soll einen Namen haben, also bitte – Tropengarten.
Ich sitze auf meiner Liege und versuche zu lesen. Geht aber nicht. Der Schweinehund knurrt böse. An ihm liegt es nicht, dass ich mich nicht konzentrieren kann. Schuld ist die Familie hinter mir. Vater (Mitte 40), Mutter (ungefähr 35 bis 40), Kind (geschätzte 4). Ah ja! Das Kind lärmt? Schreit herum? Weit gefehlt! Es ist der Vater, der uns den Nerv zieht. Er telefoniert nämlich. Andauernd!
Der Schweinehund ist mordlüstern und genervt. „Kann der einmal die Kappe halten! Dauernd koordiniert er irgendwelche geschäftlichen Dinge.“
Der Ernst des Lebens deutet erzürnt zur Tür: „Da ist sogar ein Schild mit einem durchgestrichenen Handy!“
Wir sind alle böse. Dem kleinen Mädchen sagen sie andauernd, es soll leise sein, aber der Idiot rücksichtslose Mensch hört nicht zu telefonieren auf.
Der Ernst des Lebens lenkt schließlich ein: „Vielleicht hat er gute Gründe dafür …“
„Ach was, Gründe! Dann soll er eben rausgehen. Er ist nicht allein hier“, faucht der Schweinehund. Er hatte sich so auf ruhiges Faulenzen gefreut, einzig unterbrochen von gelegentlichem Keksgebrösel.
„Aber vielleicht kann er nur jetzt mit der Familie wegfahren.“
„Geh bitte komm, das Mädel geht bestenfalls in den Kindergarten! Die müssen nicht unbedingt in den Ferien wegfahren. Die können auch dann fahren, wenn keine Ferien sind und er weniger Arbeit hat.“
„Und wenn die Frau nur in den Ferien wegkann? Weil sie Lehrerin ist?“
„Blödsinn. Die liest die Bunte!“
„Was soll denn das jetzt aussagen?“ Der Ernst versteht die Argumentation vom Schweinehund nicht. Aber der erklärt gleich weiter:
„Die ist keine Lehrerin. Und wenn, dann hat sie nächste Woche Ferien. In der Steiermark sind erst nächste Woche Ferien. Und da kommt sie auch her. Das merkt man deutlich an ihrem Dialekt. Ich schätze ja eher, dass die gar nichts zu sagen hat. Die ist bestenfalls seine Sekretärin Assistentin. Er hört sich sehr nach Selbständigem an.“
Ich schaue überrascht auf. Was der Schweinehund und der Lebens-Ernst da diskutieren, das hört sich beinahe an wie ein Geschichte à la Sherlock Holmes & Dr. Watson.
„Und jetzt hör dir das an. Jetzt wo er endlich aufgehört  hat zu telefonieren, jetzt muss er ihr das alles noch einmal erklären und nachbesprechen. Ich glaube, ich zucke jetzt dann gleich sofort aus.“ Ach, der arme Schweinehund ist mittlerweile so in der Höhe. Vielleicht sollte er kurz mal ins Außenbecken zum Abkühlen.
Er erklärt dem Ernst ganz ernsthaft: „Ich gehe jetzt rüber und trete ihm vors Schienbein!“
„Nein, das kannst du nicht machen. Was soll das bringen? Wir packen in einer Stunde ohnehin zusammen. Dann fahren wir nach Hause und somit zahlt es sich überhaupt nicht mehr aus.“
Der Schweinehund grummelt unversöhnlich. Nuschelt etwas von feigem Duckmäuser, aber er gibt nach und rollt sich böse auf seiner Liege ein. Schweigt auf eine Art, dass es beinahe schon greifbar laut ist.
Ich schweige auch. Und ärgere mich. Weil ich nichts gesagt habe. Weil ich mich da lieber zwei Tage stören lasse und still ärgere, als einmal höflich darauf hinzuweisen, dass hier handyfreie Zone ist. Als ich endlich den Entschluss fasse und ihn ansprechen will, ist er mit Frau und Kind Mittagessen gegangen. Wir packen zusammen und brechen auf. Beim Hinausgehen sehe ich ihn zum Platz zurückkehren. Ich hatte meine Chance und habe sie nicht genutzt.
Der Lebens-Ernst ärgert sich über den „feigen Duckmäuser“. Der Schweinehund ärgert sich über den Dauertelefonierer. Ich ärgere mich vor allem über mich selbst. Nächstes Mal, wenn wieder so etwas vorkommt, sage ich ganz bestimmt schon früher etwas. Ganz bestimmt. Wirklich. Zumindest nehme ich es mir vor.
 

2 Gedanken zu “Handys und sonstige Ärgernisse.

  1. Ja, das kommt mir sehr bekannt vor. Lieber nicht anecken, konfliktscheu ist meine Diagnose.
    Und dann, wenn ich in einer ähnlichen Situation irgendwann doch den Mut fasse aus meinen Schatten zu treten, dann bekomm ich von meinen Kindern eine auf den Deckel: „Also Mama, echt jetzt? Du bist so peinlich!“
    Tja…wie man es macht…
    LG Susanne

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  2. Oh, diese Situation kenne ich… das sträuben sich mir doch gleich die Nacken- und sonstigen Haare! Und das mit dem „nächstes Mal bestimmt…“ kenne ich leider auch. Ein „gutes“ hat diese Situation jetzt zumindest für uns Leser: HERRLICH Deinen Text darüber zu lesen!! :D

    Liebe Grüße, Nicole

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